Wohnungseigentumsrecht

I. Begriffsbestimmungen

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in seinem Abschnitt "Sachenrecht" das Recht an Grundstücken und an beweglichen Sachen. Das BGB läßt Eigentum an bestimmten Teilen des Gebäudes nicht zu. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bietet eine besondere Rechtsform an, das Miteigentum nach Bruchteilen.

§ 1 Abs. 2 WEG: Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum.

Unsere Erklärungen:
Gemeinschaftseigentum ist immer das Grundstück, die Anlagen und Einrichtungen, die ihm dienen: z.B: Tiefgarage, Hausflur, Zentralheizung für das gesamte Gebäude, tragende Innenwände; Gemeinschaftseigentum ist aber auch das Verwaltungsvermögen: Waschmaschine im Keller und Bargeld in der Gemeinschaftskasse.

Sondereigentum erwirbt der Miteigentümer an den Räumen , Wohnungen und Stellplätzen der Eigentumsanlage.

Sondernutzung kann (durch Zustimmung aller) einzelnen Miteigentümern an Teilen der Gemeinschaftsflächen (z.B. Alleinnutzung der Rasenfläche hinter der Gararge) eingeräumt werden.

Die Teilungserklärung ist eine schriftliche Erklärung des ersten Grundstückseigentümers, der das Grundstück in Miteigentumsanteile teilt. Diese Erklärung wird gegenüber dem Grundbuchamt abgegeben, das dann für den jeweiligen Miteigentumsanteil ein Grundbuchblatt anlegt.]

Wohnungseigentümergemeischaft
Der Wohnungseigentümer kann mit dem im Sondereigentum stehenden Gebäudeteil nach Belieben verfahren, z.B. ihn gemäß den in der Teilungserklärung vorgeschriebenen Nutzungen vermieten.

Pflichten des Wohnungseigentümers:

Er hat die Pflicht zur Instandhaltung und Werterhaltung der Baulichkeit gegenüber der Eigentümergemeinschaft. Dies ist die erstmalige Herstellung eines einwandfreien Zustandes sowie die Beseitigung anfänglicher Baumängel.

Beispiele:

  • Fassadensanierung mit zusätzlichen Wärmedämmaßnahmen;
  • Bau eines Spielplatzes, soweit dies baurechtlich vorgesehen war;
  • Einbau von Kaltwasserzählern zur Einschränkung des Gesamtverbrauches;
  • Einbau von Wallboxen (neu ab 01.10.2020), siehe Artikel unten unter V

Davon zu unterscheiden ist die bauliche Veränderung, zu der alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen.

Beispiele:

  • Anbringung einer Parabolantenne oder einer Markise wegen
  • optischer Beeinträchtigung der Außenwand;
  • Einbau von Dachfenstern oder Entlüftungsgittern an der Außenwand;
  • Erstellung einer Garage auf dem Kfz-Stellplatz;
  • Anpflanzung von Bäumen und Hecken.

Gemeinschaftliche Kosten und Lasten werden vom Verwalter geltend gemacht. Er nimmt die Beiträge in Empfang, kann aber die Forderung erst geltend machen, wenn sie durch Beschluß auf der WEG-Versammlung festgestellt worden ist (z.B. in der Jahresabrechnung). Wenn die Forderung unrichtig ist, muß immer der Beschluß im WEG-Versammlungs-Protkoll angegriffen werden (AG Oldenburg Urteil vom 5.7.2013/ 16 C 3/13), innerhalb eines Monats (= Ausschlußfrist) beim zuständigen Amtsgericht. Zu unterscheiden davon ist die informatorische MItteilung der Vorjahresrückstände mit der Jahresabrechnung, da diese keine neue Forderung schaffen soll (BGH; Urteil vom 02.11.2011, V ZR 113/11). Der Entschließugsbeschluß widerspricht nur dann den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die betreffende Forderung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestehen kann (Landgericht Itzehoe, Beschluß vom 21.09.2017, 11 S 20/17). Somit muß sofort jede unrichtige Zwangsvollstreckkung angegriffen werden.

Da die Zwangsvollstreckung mit Kosten verbunden ist, soll erst zwischen den Miteigentümern eine gütliche Lösung angestrebt werden, bis die Verfolgung beschlossen wird. Bei schweren Pflichtverletzungen kann die WE-Gemeinschaft die Entziehung der Wohnung bei Gericht beantragen, z.B. wenn das Wohngeld unregelmäßig und über 3 Monate nicht gezahlt wird.

II. Die Wohnungseigentümerversammlung

Der Verwalter muß diese Versammlung einmal im Jahr schriftlich einberufen. Zwischen dem Empfang der Einladung und dem Termin müssen mindestens zwei Wochen liegen, wobei eine Unterschreitung die Beschlüsse nicht ungültig macht.

Wenn sich der Verwalter weigert, eine Versammlung einzuberufen, kann der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates laden. Das zuständige Amtsgericht kann auf Antrag den Verwalter zur Einberufung anhalten oder einem Eigentümer zur Einberufung ermächtigen. Miteigentümer können allein oder gemeisam keine Versammlung einberufen.

Um die Eigentümer vor Überraschungen zu schützen, müssen alle Punkte, über die ein Beschluß gefaßt werden soll, in der Tagesordnung aufgeführt sein. Da die Versammlung nicht öffentlich ist, die Miteigentümer nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinflußt werden sollen, dürfen keine anderen Personen - nicht einmal die Ehefrau - mitgenommen werden. Vetreter sollten zuvor beim Verwalter angemeldet werden.

Bevor das Amtsgericht einen Verwalter bestimmt, müssen sich alle Eigentümer auf einer außerordentlichen Versammlung vergeblich um die Wahl eines solchen bemüht haben (Beschluß AG Oldenburg vom 26.09.2016, 16 C 42/14 mwN). Selbst ein Notverwalter wird nur in ganz besonderen Ausnahmefällen vom AG eingesetzt. Ich habe es erlebt, das der Richter beim AG Oldenburg gesagt hat: "Ich kann auch keinen Verwalter herbeizaubern." Nur bei der Zwangsverwaltung wird ein Rechtsanwalt zu dessen Gebührensatz eingesetzt.

Beschlußfähigkeit und Stimmenmehrheit

Beschlußfähig ist die Versammlung, wenn die erschienenen Miteigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten (Wertprinzip). Der Miteigentümer kann sich vertreten lassen. Es ist zulässig, in der Teilungserklärung die Vertretung auf einen bestimmten Personenkreis (z.B. Ehefrau oder Kinder) zu beschränken.

Angemommen ist der Beschluß bei Stimmenmehrheit der Erschienenen (Kopfprinzip). Dies kann in der Teilungserklärung dahingehend abgeändert werden, dass die Abstimmung nach Miteigentumsanteilen erfolgt. Bei Stimmengleichheit kommt kein Beschluß zustande. Zirkularbeschluß (§ 23 Bas. 3 WEG) ist möglich, wenn der Veralter jeden einzelnen Miteigentümer anchreibt und um Zustimmung zum Beschluß bittet und wenn alle Wohnungseigentümer schriftlich ihre Zustimmung erteilen.

Der Verwalter

Er wird durch die Mehrheit der WEG-Versammlung oder durch das Gericht bestellt. Er schließt mit allen Miteigentümern einen Anstellungsvertrag. Die Bestellung darf nur auf 5 Jahre vorgenommen werden. Eine Wiederwahl ist zulässig.

Seine Aufgaben und Befugnisse

Er muß die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchführen, für die Beachtung der Hausordnung sorgen und Maßnahmen zur Instandhaltung treffen; Verkehrssicherungspflicht: Hausmeister bei der Schneebeseitigung überwachen; Schlichtungsbemühungen bei Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern und Protokollführung in der WEG-Versammlung.

Er muß die Beschluß-Sammlung führen, sonst kann er fristlos abberufen werden. Bei einer befreundeten Verwalterin haben in den letzten sechs Jahren (2007 - 2013) bei 1500 betreuten Miteigentümern nur zwei zum Verkauf der Wohnung diese Sammlung angefordert.

Wirtschafts- und Vermögensverwaltung

Vorschriften über die Art und Gliederung der Buchführung eines Verwalters bestehen nicht. Alle Einnahmen und Ausgaben sind jährlich einmal im Wirtschaftsplan auf-

zuführen. Die Rücklage für die Instandhaltung berücksichtigt nach der Peter`schen Formel, dass im Laufe von 80 Jahren das 1,5 fache der ursprünglichen Baukosten für die Werterhaltung zu leisten sind. Fällig wird das Wohngeld erst mit dem Beschluß des Wirtschaftsplanes. Die Jahresrechnung muß auch eine Einzelabrechnung für jeden Eigentümer (Nachzahlung/Rückvergütung) aufweisen.

III. Der Verwaltungsbeirat

Er wird durch die Wohnungseigentümer bestellt. Das WEG sieht 3 Personen vor, es können aber auch mehr sein. Der Beirat muß aus Wohnungseigentümern bestehen, die bei Verkauf ihrer Wohnung ausscheiden.

Der Beirat unterstützt und überwacht den Verwalter, hat aber keine Weisungsbefugnis. Er prüft den Wirtschaftsplan und die Kostenvoranschläge bei Instandhaltungsmaßnahmen. Diese ehrenamtliche Tätigkeit wird mit einer Pauschale von 25,00 bis 100,00 € pro Jahr vergütet.

IV. Anfechtungsverfahren nach § 43 WEG

Wenn der Verwalter vom Wohnungseigentümer wegen einer falschen Jahresabrechnung eine unrichtige Nachzahlung verlangt, kann diese Summe nur in der Wohnungseigentümerversammlung angegriffen werden. Der betroffene Eigentümer muß in der Versammlung gegen die Jahresabrechnung und gegen seine Einzelabrechnung stimmen. Danach muß er diese Beschlüsse innerhalb von einem Monat ab Durchführung der WEG-Versammlung (= Ausschlußfrist ) vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht per Feststellungsklage angreifen

Gefährlich wird ein Abwarten auf die Zustellung des Versammlungsprotokolls, da dann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand davon abhängig gemacht wird, ob der Eigentümer zu Recht aus wichtigem Grund solange abgewartet hat und nicht innerhalb der Monatsfrist die Beschlüsse hätte anfechten müssen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden (§§ 22 II 1 FGG, 234 ZPO). Entscheidend für das Fristende ist der Zeitpunkt, wann der Rechtsanwalt erstmals Anlass hatte, zu prüfen, ob das Fristende richtig ermittelt war (BGH NJW-RR 2002, 860).

In Schleswig Holstein ist ab Juli 2007 für die Berufung gegen belastende Urteile immer zentral das Landgericht Itzehoe zuständig (LandesVO 11. Juli 2007, BGBl. 2007 I, S. 370).

V. Einbau von Wallboxen

Der Einbau bedarf immer der Zustimmung der Wohnungseigentümerversammlung. Nach § 20 II 1 Nr. 2 WEG hat der einzelne Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft einen Anspruch auf Einbau einer E-Ladestation, wenn dies eine angemessene bauliche Veränderung darstellt. Dann muß er nach dem Beschluß auch die Kosten dafür allein tragen. Nach § 554 I 1 BGB kann sein Mieter von ihm verlangen, eine solche Anlage nach dem WEG Beschluß installieren zu lassen.

Der Vermieter kann nach einem solchen Beschluß selbst die Handwerker aussuchen und die konkrete Ausgestaltung des Anschlusses bestimmen. Der Einwand, dass nicht alle Mieter seinen Anschluß nutzen können, greift nicht (LG München, Endurteil vom 23.06.2022 - 31 S 12015/21). Aufgrund einer unbestimmten künftigen Entwicklung, deren Eintritt überhaupt noch nicht sicher ist, kann der gegenwärtige Anspruch der Klagepartei nicht eingeschränkt werden. Eine Gleichbehandlung der Mieter ist mangels Gleichbehandlungsgrundsatz im Mietrecht nicht erforderlich.

Das Landgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 04.08.2020 vor der WEG Reform -] 25 S 134/19 - in RN 37 seiner Entscheidung eine bauliche Veränderung bereits darin gesehen, dass das Stromkabel der Ladestation mit dem Sicherungskasten und auf diese Weise mit dem Hausanschluß der Gemeinschaft verbunden wird, so dass eine Umgestaltung stattfindet. Das neue Stromkabel wird über Gemeinschaftseigentum verlegt und wird dadurch selbst Gemeinschaftseigentum.

Das AG Lübeck hat in seinem Urteil vom 11.02.2022 - 38 C 39/21 - gefordert. die Kosten für den Bau der Ladestationen auf alle Nutzer angemessen zu verteilen, welche die Wallbox verlangt haben. Aufgrund eines Beschlusses sind die Stadtwerke mit dem Bau von 10 Wallboxen beauftragt worden. Nach der gesetzlichen Regelung sei eine gleichmäßige Verteilung auf alle Nutzer nicht vorgesehen, vielmehr müsse diese nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile erfolgen. Außerdem bestehe teilweise ein Ermessen der Wohnungseigentümer, wie die Anlage zu erstellen sei. Die Kosten einer privilegierten baulichen Veränderung haben somit auch nur die Wohnungseigentümer zu tragen, die diese bauliche Veränderung verlangten. Sie sind nach § 16 II1 WEG umzulegen. Laut Beschlußprotokoll dachten die Versammlungsteilnehmer dort an eine Verteilung der Kosten zu gleichen Teilen. Wenn von dem gesetzlichen Maßstab nach § 21 V 1 WEG qbgewichen werden soll, bedarf es darüber eines gesonderten Beschlusses.

In unserem gegenwärtigen Fall vor dem Amtsgericht Oldenburg geht es um die Errichtung von drei Wallboxen für 178 Miteigentümer einer WEG und deren Besucher, auf den Kurzzeitparkplätzen vor den drei Eingängen. Diese werden dann durch Langzeit aufladende Nutzer besetzt und können nicht mehr zum Ausladen von schweren Sachen genutzt werden, was einen Nachtteil darstellt (Anfechtungsklage vom 22.05.2023).